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Verlängerung des Pflegefonds und
Pflegekarenz und Pflegeteilzeit für pflegende Angehörige

 

 

Der Nationalrat hat am 4.7.2013 neben der Verlängerung des Pflegefonds für weitere zwei Jahre bis 2016 im Rahmen einer Novelle zum Pflegefondsgesetz Erleichterungen für pflegende Angehörige zur besseren Vereinbarkeit von beruflichen und familiären Pflichten in Form der Pflegekarenz und Pflegeteilzeit im Rahmen des Arbeitsrechts-Änderungsgesetzes 2013 beschlossen.

 

Mit der Pflegekarenz und Pflegeteilzeit wird künftig verhindert, dass sich pflegende Angehörige komplett vom Arbeitsmarkt zurückziehen müssen. Derzeit sind vor allem Frauen oft gezwungen, ihren Beruf aufzugeben, wenn ein Angehöriger pflegebedürftig wird. Neben der Pflegekarenz wird auch die Möglichkeit der Pflegeteilzeit geschaffen. Diese Regelungen  treten mit 1. Jänner 2014 in Kraft.

 

Verlängerung des Pflegefonds um zwei Jahre

 

Der im Jahr 2011 eingerichtete Pflegefonds wird um weitere zwei Jahre bis Ende 2016 verlängert. Der Bund stellt mit 300 Mio. Euro im Jahr 2015 und 350 Mio. Euro im Jahr 2016 deutlich mehr Mittel als bisher bereit. Mit den Fondsgeldern sollen die bestehenden Betreuungs- und Pflegedienstleistungen der Länder abgesichert und mobile, stationäre und teilstationäre Dienste weiter ausgebaut werden. Ziel ist, ein bedarfsgerechtes Angebot für pflegebedürftige Personen in allen Bundesländern zu schaffen. Förderungen soll es künftig auch für innovative Projekte, z.B. neue Formen der Betreuung demenzerkrankter Personen geben.

 

 

Pflegekarenz für pflegende Angehörige

 

Es wird für Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer die Möglichkeit geschaffen, mit ihrer Arbeitgeberin/ihrem Arbeitgeber eine Pflegekarenz für eine Dauer von einem bis drei Monaten zu vereinbaren. Ziel dieser Pflegekarenz ist es, insbesondere im Falle eines plötzlich auftretenden Pflegebedarfs einer nahen Angehörigen/eines nahen Angehörigen oder zur Entlastung einer pflegenden Person für eine bestimmte Zeit, den betroffenen Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmern die Möglichkeit einzuräumen, die Pflegesituation (neu) zu organisieren.

 

 

Pflegeteilzeit

Durch die Pflegeteilzeit in Anlehnung an die Bestimmungen der Pflegekarenz wird jenen Fällen Rechnung getragen, in denen nur eine teilweise Arbeitszeitreduktion erforderlich ist. Die Bestimmungen zur Pflegeteilzeit orientieren sich im Wesentlichen an der Pflegekarenz. Die herabgesetzte wöchentliche Normalarbeitszeit darf nicht unter zehn Stunden liegen.

 

 

Voraussetzungen

 

Voraussetzung für die Vereinbarung einer Pflegekarenz oder einer Pflegeteilzeit wird sein, dass das Arbeitsverhältnis ununterbrochen drei Monate gedauert hat.

Der Antritt der Pflegekarenz wird einer schriftlichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeberin/Arbeitgeber und Arbeitnehmerin/Arbeitnehmer bedürfen.

Die Pflegekarenz wird zur Pflege und/oder Betreuung von nahen Angehörigen, denen zum Zeitpunkt des Antritts der Pflegekarenz Pflegegeld ab der Pflegegeldstufe 3 nach dem Bundespflegegeldgesetz (BPGG) mit Bescheid zuerkannt wurde, vereinbart werden können.

Für die Pflege und/oder Betreuung von demenziell erkrankten oder minderjährigen nahen Angehörigen wird die Zuerkennung von Pflegegeld der Stufe 1 genügen.

 

Grundsätzlich wird Pflegekarenz im Arbeitsverhältnis für ein und dieselbe zu pflegende/betreuende Person nur einmal vereinbart werden können. Nur im Fall einer wesentlichen Erhöhung des Pflegebedarfs zumindest um eine Pflegegeldstufe wird einmalig eine neuerliche Vereinbarung der Pflegekarenz zulässig sein.

 

 

Pflegekarenzgeld

Aufgrund des daraus resultierenden Entfalls des Erwerbseinkommens während der Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit wird im Bundespflegegeldgesetz für die vereinbarte Dauer dieser Pflegekarenz bzw. Pflegeteilzeit ein Pflegekarenzgeld als Einkommensersatz normiert.

 

Pro zu betreuender pflegebedürftiger Person wird das Pflegekarenzgeld für höchstens sechs Monate gebühren. Da die Höchstdauer der Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit pro betreuender Angehöriger/betreuendem Angehörigen grundsätzlich – außer im Fall einer wesentlichen Erhöhung des Pflegebedarfs – nur drei Monate betragen wird, wird die Möglichkeit geschaffen, dass weitere Angehörige bei Inanspruchnahme der Pflegekarenz ebenfalls Anspruch auf Pflegekarenzgeld haben werden. Ein zeitgleicher Bezug des Pflegekarenzgeldes durch mehrere betreuende Angehörige wird jedoch nicht möglich sein.

 

Bei einer neuerlichen Vereinbarung einer Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit wegen einer wesentlichen Erhöhung des Pflegebedarfs um zumindest eine Pflegegeldstufe wird das Pflegekarenzgeld für höchstens weitere sechs Monate gebühren.

 

Das Pflegekarenzgeld wird grundsätzlich in Höhe des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes gebühren. Der Grundbetrag beträgt täglich 55 % des täglichen Nettoeinkommens und errechnet sich aus dem durchschnittlichen Bruttoentgelt analog zum Arbeitslosengeld. Der Grundbetrag wird jedoch mindestens in Höhe der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs. 2 ASVG (Wert 2013: € 386,80) gebühren. Darüber hinaus sind Kinderzuschläge zu gewähren. Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz kann jedoch durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Höhe des Pflegekarenzgeldes festlegen. Für die Dauer der vereinbarten Pflegeteilzeit wird das Pflegekarenzgeld aliquot gewährt.

 

 

Pflegekarenzgeld bei Familienhospizkarenz

 

Auch die Situation von Personen, die zum Zwecke der Sterbebegleitung oder Begleitung schwerst erkrankter Kinder eine Familienhospizkarenz in Anspruch nehmen, wird verbessert. Es werden auch Personen bei einer Sterbebegleitung oder einer Begleitung schwerst erkrankter Kinder ein Pflegekarenzgeld erhalten können und wird somit ein Rechtsanspruch auf diese Geldleistung geschaffen.

 


Pflegekarenzgeld bei Bezug von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe

Für Arbeitslose wird die Möglichkeit geschaffen, sich vom Bezug von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe abzumelden, um sich der Pflege einer nahen Angehörigen/eines nahen Angehörigen (im Sinne der Pflegekarenz) zu widmen. Da diese Personen für diesen Zeitraum dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen, wird auch dieser Personenkreis ein Pflegekarenzgeld beziehen können.

 


Zuständige Behörde für das Pflegekarenzgeld

 

Über die Gewährung des Pflegekarenzgeldes wird das Bundessozialamt entscheiden.

 


Sozialversicherung bei Bezug des Pflegekarenzgeldes

 

Alle Bezieherinnen/Bezieher von Pflegekarenzgeld werden in den Schutzbereich der Sozialversicherung aufgenommen, und zwar durch Einbeziehung in die Teilversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem ASVG. Die Beiträge zu diesen Versicherungen werden zur Gänze aus Mitteln der öffentlichen Hand getragen.

 


Anpassung von Bestimmungen der Krankenversicherung an den Bezug von Pflegekarenzgeld

Bei Bezug eines Pflegekarenzgeldes ruht der Anspruch auf Kranken- und Wochengeld; Zeiten einer Pflegekarenz sind bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für das Wochengeld nicht zu berücksichtigen; das Service-Entgelt ist grundsätzlich auch von Pflegekarenzgeld-Beziehern einzuheben.

  

Die neu geschaffenen Möglichkeiten der Pflegekarenz und Pflegeteilzeit zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und familiären Beistandspflichten stellen eine deutliche Verbesserung der Situation pflegender Angehöriger dar und werden daher ausdrücklich begrüßt. Ein Wermutstropfen bleibt jedoch bestehen, da die beschlossenen Neuregelungen keinen Rechtsanspruch der pflegenden Angehörigen auf die Inanspruchnahme von Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit vorsehen, vielmehr bedarf es einer ausdrücklichen Zustimmung des Arbeitgebers, was die faktische Möglichkeit der Inanspruchnahme für ArbeitnehmerInnen leider erschweren könnte. Der Forderung des KOBV Österreich, einen entsprechenden Rechtsanspruch in den gesetzlichen Bestimmungen vorzusehen, wurde leider (noch) nicht entsprochen.