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80 Jahre KOBV Österreich – 80 Jahre Fundament für Fairness
von Präsident Franz Groschan
Der 17. April 1945 ist ein denkwürdiges Datum: Nur vier Tage nach der Befreiung Wiens durch sowjetische Truppen wurde der Grundstein für den KOBV Österreich – Der Behindertenverband gelegt. Der Krieg selbst sollte noch einen knappen Monat dauern, das Land lag in Trümmern, und die unzähligen Kriegsversehrten, Witwen und Waisen hatten kaum jemanden, der sich für sie einsetzte. Für viele Menschen mit Behinderungen begann nach dem Waffenstillstand ein Überlebenskampf, der sie an ihre Grenzen brachte.
Es war eine Zeit größter Not, und in dieser Zeit haben die Menschen erkannt: Gemeinsam sind wir stärker. Und so haben sich die Opfer beider Weltkriege in einem Akt der Solidarität zusammengeschlossen. Sie konnten nicht ahnen, dass aus der Zentralorganisation der Kriegsopfer Österreich – so der damalige Name – der größte Behindertenverband Österreichs entstehen würde, der 80 Jahre später die Interessen von rund 45.000 Mitgliedern vertritt.
Der KOBV engagiert sich für alle Menschen mit Behinderungen, ist gemeinnützig, parteipolitisch neutral und religiös unabhängig. Derzeit sind österreichweit 4.500 Ehrenamtliche für den Verband im Einsatz, die pro Jahr hochgerechnet unglaubliche 18 Millionen Stunden ehrenamtliche Arbeit verrichten – weil ihnen die Lebensqualität von Menschen mit Behinderungen am Herzen liegt.
Heute herrscht in Österreich Frieden, doch wir stehen vor einer Wirtschaftskrise, die uns allen noch viel abverlangen wird. Die Corona-Pandemie hat tiefe Spuren hinterlassen: Kurzarbeit und Arbeitsplatzverlust haben zu finanziellen Einbußen und einer massiven Belastung von zahlreichen Menschen mit Behinderungen geführt. Die Teuerungswelle, ausgelöst durch den Krieg in der Ukraine, hat die ohnehin schon angespannte Situation für diese Menschen weiter verschärft. Viele von ihnen stehen am Rand ihrer Existenz.
Eine der wichtigsten Aufgaben der kommenden Jahre werden daher Maßnahmen zur Armutsbekämpfung sein. Es gilt, weitere Einsparungen auf dem Rücken von Menschen mit Behinderungen zu verhindern, ihre Integration am Arbeitsmarkt voranzutreiben und eine gerechte Entlohnung für sie durchzusetzen. Und wir werden vehement darauf pochen, dass medizinische Leistungen und Pflege für alle leistbar sein müssen.
Einfach wird das nicht. Nach der Kürzung des Mobilitätszuschusses stehen uns im kommenden Jahr massive Kürzungen bei den arbeitsmarktpolitischen Projektförderungen bevor. Sie werfen jetzt schon ihre Schatten voraus, und wir müssen leider mit weiteren Sparmaßnahmen rechnen.
Zum Glück müssen wir nicht bei Null anfangen. Denn nach 80 Jahren steht der KOBV auf einem soliden Fundament, auf das wir bauen können.
25. Ordentlicher Delegiertentag des KOBV Österreich – Der Behindertenverband
Unter dem Motto „80 Jahre KOBV Österreich. 80 Jahre Fundament für Fairness“ fand am 22. Oktober 2025 im Bildungszentrum der Arbeiterkammer Wien der 25. ordentliche Delegiertentag des KOBV Österreich statt. Auf der Tagesordnung standen unter anderem die Neuwahl der Verbandsorgane, die Beschlussfassung über Satzungsänderungen und die Verabschiedung eines umfassenden Forderungspapiers, das als Basis für die künftige Zusammenarbeit mit der Politik dient.
Präsident Groschan gab einen umfassenden Rückblick auf die Arbeit des KOBV Österreich in den letzten 4 Jahren, die von den Herausforderungen der Corona-Pandemie, den kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine und der seit Jahrzehnten höchsten Teuerungsrate geprägt waren. Er betonte, dass es eine der wichtigsten Aufgaben des Verbandes in der kommenden Funktionsperiode sein wird, Maßnahmen zur Armutsbekämpfung weiter einzufordern und Einsparungen auf dem Rücken von Menschen mit Behinderungen zu verhindern. Gerade Menschen mit Behinderungen sind überproportional von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen und durch die steigenden Krankheits- und Pflegekosten in ihrer Existenz bedroht.
Wahl der Verbandsorgane
Der bisherige Präsident des KOBV Österreich, Franz Groschan, wurde von den Delegierten einstimmig wiedergewählt.
Der neu gewählte Vorstand setzt sich wie folgt zusammen:
Präsidium:
Präsident Franz GROSCHAN
Vizepräsident LAbg.a.D. Franz SCHLEICH Stmk
Vizepräsident Georg FITZTHUM Wien
Vizepräsidentin Helga KRUPITZA NÖ
Vizepräsident Ewald VOGLER Bgld.
Vizepräsident Johann KRAUK OÖ
Vizepräsidentin Christiane BREZLAN K
Vizepräsident Josef SCHETT T
Schriftführer Gerhard PALL WNB
Kassier Franz MALDET WNB
Vorstandsmitglieder:
Birgit AUER WNB
Karl CHRIST, Schriftführer-Stellvertreter WNB
Maria KAUTZ WNB
Simone SUPPAN, Kassier-Stellvertreter WNB
Willibald SCHÖRG WNB
Helga KAUFMANN, Kassier-Stellvertreter Stmk
LAbg. Bgm. Andreas THÜRSCHWELLER Stmk
Ingrid PICHLER Stmk
Walter ZEDROSSER Stmk
Johann KREMSER Stmk
Günter GEISBERGER OÖ
Konrad HINTERREITHER OÖ
Eleonora PREY, Schriftführer-Stellvertreter OÖ
Arnulf WUNDER K
Mag. Burkhard DOBLANDER T
Frauenvertreterinnen im Vorstand:
Silvia ERNST WNB
Mag.a Esther SCHWAIGER, Schriftführer-STV WNB
Michaela Moik WNB
Silvia GÖSSLER Stmk
Dr. Sieglinde Falkinger K
Renate GALLE T
Die neu gewählte Kontrollkommission besteht aus:
Obfrau Anita GERHARD Stmk
Obfrau-Stellvertreter Ing. Herbert KASBERGER OÖ
Michael MEIXNER WNB
Umfangreiches Forderungspapier verabschiedet
Ein 17 Seiten starkes Positionspapier bildet die Basis für die künftige Zusammenarbeit des KOBV mit der Politik. Unter anderem fordert der KOBV:
- ausreichende finanzielle Absicherung des Ausgleichstaxfonds;
- Ausbau und Verbesserung der Förderungsmaßnahmen für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen;
- gerechte Entlohnung und sozialversicherungsrechtliche Absicherung von Menschen mit Behinderungen;
- Stärkung der Rechtsstellung von Behindertenvertrauenspersonen in den Betrieben;
- rechtzeitig einsetzende präventive Maßnahmen zur Vermeidung von Arbeitsunfähigkeit durch engere Vernetzung der Krankenversicherung mit den Trägern der beruflichen Rehabilitation;
- Rechtsanspruch auf Maßnahmen der umfassenden Rehabilitation und auf die bestmögliche Versorgung mit Hilfsmitteln;
- Sicherstellung der Verfügbarkeit von Medikamenten;
- Keine weiteren Selbstbehalte zu Lasten von Menschen mit Behinderungen;
- Die Einrichtung von spezialisierten Kompetenzzentren zur Behandlung von Patient:innen mit seltenen sowie neuen und bisher zu wenig erforschten Erkrankungen;
- Verankerung des Rechts auf inklusive Bildung für Kinder und Jugendliche, dazu gehört auch, dass die Schulstandorte die erforderlichen personellen und finanziellen Ressourcen erhalten und barrierefreie Bildungsangebote weiterentwickelt werden;
- Ausbau der Angebote für Urlaub und Erholung, Erhaltung bzw. Verbesserung der Gesundheit und psychologische Unterstützung für pflegende Angehörige;
- Entlastung pflegender Angehöriger durch den Ausbau von Tagesbetreuungs- und Kurzzeitpflegeplätzen sowie mobile Pflegedienste;
- Verbesserung des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes, etwa durch einen umfassenden Rechtsanspruch auf Unterlassung und Beseitigung von Diskriminierungen;
- Förderung für Projekte zur Barrierefreiheit und Beseitigung von Barrieren in öffentlichen Gebäuden.
Weitere Forderungen betreffen die Einräumung eines Rechtsanspruches auf Persönliche Assistenz, die Umsetzung und Weiterentwicklung des Nationalen Aktionsplans Behinderung 2022 – 2030 zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Österreich, die Evaluierung der Einschätzungsverordnung, die Weiterentwicklung der Einschätzung von Behinderung sowie die Verbesserung der ärztlichen Begutachtungen beim Sozialministeriumservice. Neben wichtigen notwendigen Maßnahmen der steuerlichen Entlastung von Menschen mit Behinderungen wird auch die nachhaltige finanzielle Absicherung der von Behindertenverbänden angebotenen Beratungsdienste für Menschen mit Behinderungen gefordert.
80 Jahre KOBV Österreich – Der Behindertenverband: 80 Jahre Fundament für Fairness
80 Jahre KOBV Österreich – Der Behindertenverband: Das sind 80 Jahre gelebte Solidarität. Ursprünglich am 17. April 1945 als Selbsthilfegruppe für Kriegsopfer gegründet, vertritt der KOBV heute alle Menschen mit Behinderungen und zählt aktuell 45.000 Mitglieder in ganz Österreich. Das Jubiläum wurde am 22. Oktober 2025 mit einem Festakt im Bildungszentrum der Arbeiterkammer Wien gefeiert, zuvor stand im Rahmen des Delegiertentags die Wahl der Verbandsorgane an. KOBV-Präsident Franz Groschan wurde dabei einstimmig in seiner Funktion bestätigt. Außerdem wurde ein umfassendes Forderungspapier verabschiedet, das als Grundlage für die zukünftige Zusammenarbeit mit der Politik dient.
Eröffnet wurde der Festakt mit einer ausdrucksstarken Tanzvorführung von Rafael Kadrnoska vom Tanzverein „Ich bin O.K.“, der auf kraftvolle Symbolik setzte. Die musikalische Umrahmung der Feier übernahm die Gardemusik Wien, Para-Schwimmer Andreas Onea moderierte.
„Als der KOBV Österreich 1945 gegründet wurde, war das ein Versprechen der Solidarität“, betonte KOBV-Präsident Franz Groschan, „in einer Zeit größter Not haben die Menschen erkannt: Gemeinsam sind wir stärker.“ Dass sich der Verband 1973 für alle Menschen mit Behinderungen öffnete, sei ein wichtiger Schritt gewesen, und die 80-jährige Geschichte des KOBV sei ein starkes Fundament für die enormen Herausforderungen, die aufgrund der angespannten finanziellen Lage auf den Verband warten.
Zu tun gibt es noch mehr als genug: „Trotz aller Fortschritte ist die volle Inklusion von Menschen mit Behinderungen in unserer Gesellschaft noch immer nicht umgesetzt“, zeigte Präsident Groschan auf. Dabei gehe es nicht nur darum, Barrieren abzubauen, sondern auch darum, „Köpfe zu öffnen und eine Gesellschaft zu schaffen, in der Vielfalt als Bereicherung und nicht als Hindernis gesehen wird.“
Damit das gelingt, wurde im Vorfeld bei der Delegiertentagung ein umfassendes Positionspapier verabschiedet. Dieses bildet künftig die Basis für die Umsetzung behindertenpolitischer Maßnahmen und für die weitere Zusammenarbeit mit der Politik.
Viel Lob von der Politik
Apropos Politik: Diese war beim Festakt ebenfalls stark vertreten. BM Korinna Schumann (Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz) betonte in ihrer Ansprache die wichtige Rolle des KOBV „bei der Einführung und Weiterentwicklung von Errungenschaften und Maßnahmen“ wie etwa der Einführung des Pflegegeldes und gab auch gleich ein Versprechen ab: „Wir werden das Pflegegeld weiter valorisieren.“
Lobende Worte fand auch Behindertenanwältin Christine Steger, die vor allem die Schulung von Behindertenvertrauenspersonen hervorhob und darauf hinwies, dass die Rechtsberatung und -begleitung durch den KOBV für Menschen mit Behinderungen „dringend notwendig“ sei – auch, weil sie selbst keine Möglichkeit habe, in Verwaltungsverfahren einzugreifen. „Umso wichtiger ist es, dass Menschen, die bei Verwaltungsverfahren Probleme haben, Unterstützung vom KOBV bekommen und unterstützt werden“, betonte Steger.
Videobotschaften kamen von Verena Nussbaum, SPÖ-Bereichssprecherin für Menschen mit Behinderungen, und Fiona Fiedler, NEOS-Sprecherin für Menschen mit Behinderungen. Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen ließ es sich nicht nehmen, dem KOBV zum 80-Jahr-Jubiläum Grußworte mit seinen Glückwünschen zu übermitteln: „Inklusion ist beileibe kein ‚Add-on‘, Inklusion ist die Voraussetzung für eine gerechte Gesellschaft.“
Es gibt noch viel zu tun
Anschließend präsentierten Verena Pawlowsky und Harald Wendelin ihr Buch „Wunden des Staates“. Die Studie untersucht den Umgang mit Kriegsbeschädigten des Ersten Weltkriegs während der Ersten Republik und geht den Ursprüngen des Sozialwesens sowie der staatlichen Fürsorge auf den Grund.
In den darauffolgenden Interviews mit dem Präsidium des KOBV Österreich ging es dann ans Eingemachte, und einmal mehr zeigte sich, wie viel noch umgesetzt werden muss, damit Inklusion endlich gelingen kann: Die unzureichende Integration von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt, schlechte Bezahlung und hohe behinderungsbedingte Ausgaben führen zu finanziellen Engpässen.
Das wiederum bedeutet, dass Menschen mit Behinderungen aufgrund der Zweiklassen-Medizin von zahlreichen medizinischen Angeboten ausgeschlossen sind. Gleichzeitig wird ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben massiv eingeschränkt: Soziale Kontakte, etwa im Beruf, fallen aufgrund der mangelnden Integration am Arbeitsmarkt weg. Die geringe Zahl an Behindertenparkplätzen sowie fehlende Rücksichtnahme schränken Menschen mit Behinderungen in ihrer Mobilität ein und damit auch ihre Einbindung ins soziale Miteinander. Dass es auch anders geht, wurde einmal mehr am Beispiel des Tabakmonopols gezeigt.
„Der KOBV wird auch in Zukunft eine starke Stimme bleiben“, versprach abschließend KOBV-Präsident Franz Groschan und beschloss den Festakt mit einem Appell: „Lassen Sie uns die Zukunft der Inklusion in einem Geist der gelebten Solidarität gemeinsam gestalten – damit die nächsten 80 Jahre eine Erfolgsgeschichte für alle Menschen in Österreich werden!“
